„Sänk you for träveling wif sä Deutsche Bahn!“
…ich denke, fast jeder von uns kennt diesen Satz, den man hört, wenn man mal wieder völlig entnervt 10 Stunden zu spät an seinem Zielbahnhof angekommen ist. Trotzdem bewegen wir uns in Deutschland nur auf ca. 358 Tausend Quadratkilometern Landfläche und hier in Indien auf stolzen 3,287 Millionen Quadratkilometer. Weiterhin ist Indian Railways mit 1,4 Millionen Mitarbeitern auf Platz acht der weltweit größten Arbeitgeber (nach dem Verteidigungsministerium der USA, Walmart, McDonalds und Co)! Wir merken, das Zugfahren gehört genau so zum indischen Leben, wie das Fahren mit den „Autocars“, den Tuktuks, bzw. Rickshaws! Doch wie unterschiedlich Bahnerlebnisse mit der DB und Indian Railways sind, würde man kaum glauben…

Buchung: Genau so wie in Deutschland, natürlich online! Doch Züge hier sind stark frequentiert, d.h. wenn man Pech hat landet man auf der WL (Waitinglist), dann muss man immer wieder mit seiner persönlichen PNR gucken, ob man hochrutscht und doch noch einen festen Platz bekommt (meistens Schlafliegen). Wenn man dann den Status RAC (reservation against cancellation) erreicht hat, hat man wenigstens schon mal einen Sitzplatz auf einer Liege. Mit viel Glück bekommt man schließlich noch ein „confirmed“ bevor man in den Zug steigt und man kann sich über einen eigenen Liegeplatz freuen! 🙂

Platz finden/Einrichten: Die Züge hier sind wirklich sehrrrr lang, oft fahren sie zwischen 16-24 Stunden am Stück, dementsprechend braucht man Platz für alle Leute quer übers Land verteilt. So muss man erstmal seinen Wagon mit der richtigen Klasse finden, da kann man schon mal Pech haben, wenn man am falschen Ende steht… Es gibt nämlich normale Sitzplätze, Sitzplätze mit AC (Klimaanlage), Liegeplätze mit Ventilatoren (Sleeper), Liegeplätze mit AC 3.Klasse, Liegeplätze mit AC 2.Klasse und Liegeplätze mit AC 1.Klasse. Ja, das ist viel Auswahl. Wir nehmen für lange Fahrten AC 3.Klasse und für kürzere den Sleeper. Unterscheiden tun sie sich vor allem im Lärmpegel und naja der Temperatur und den Passagieren natürlich. Was natürlich premium ist, ist dass man im AC 3. Klasse Kissen, Bettlaken (als Laken) und ein weiteres Bettlaken (als Decke) bekommt….!
Hat man also seinen Platz gefunden, kommt es darauf an, welche Liege man bekommen hat. Für die Oberen würde man in Deutschland wahrscheinlich gar keinen TÜV bekommen, da braucht man nämlich schon gute Kletter skills. Über drei Sprossen schwingt man sich dann mit etwas Übung elegant auf die Pritsche und haut sich natürlich nicht den Kopf an! Wieso auch bei 50 cm Höhe? Dann steckt man so gut es geht das Laken fest, bringt seine persönlichen Gegenstände in Sicherheit (an sich dran), mummelt sich mit einem Schal, dicken Socken und und einem warmen Pulli ein und lässt sich so gut es geht mit indischer Musik, Stimmengewirr und dem Zug in den Schlaf schaukeln.

Verpflegung: Besser geschlafen als gedacht, wacht man auf und merkt, dass der Magen grummelt. Mensch hab ich einen Hunger! Boardrestaurant? Ein Mann der mit Brezen und Bifi durch den Zug läuft? Fehlanzeige! Doch wo haben alle ihr Essen her? Und dann wird es mir klar als wir an einem weiteren und größeren Bahnhof stoppen: An jedem Bahnhof stehen entweder kleine Buden oder Leute mit Wägen, die Chips, Getränke und frisch frittierte Snacks lauthals verkaufen. Alle rennen also raus, holen Essen und rennen wieder rein. Stressig. Egal, anfangs traue ich mich nicht, aber dann will ich es auch versuchen! Ohne Durchsage und nix im Zug, weiß ich nicht, wie lange der Aufenthalt wirklich ist. Ich gehe zu einem Stand, an dem viele Leute sind (ein Zeichen, dass es gut sein muss). Alle bestellen, es ist hektisch, endlich bin ich dran! Drei frittierte Kissen mit Daal und ein bisschen Gemüse bestelle ich, ein Chai Tee wird mir irgendwie noch aufgedrückt. Dann ein lautes Pfeifen des Zuges, nein, der Zug fängt an zu fahren, langsam, aber er fährt los! Hektisch laufe ich los, ich bin ein Wagon zu weit hinten, Leute rufen mir zu. Ich springe in eine offene Tür und verschütte Tee. Immerhin, ich bin im Zug, der jetzt schnell fährt. Puh, das war knapp! Viele grinsende Gesichter gucken mich an, ich muss schmunzeln, sowas passiert wohl nur in Indien. Natürlich klemmt dann auch noch die Tür zwischen den zwei Wagons und ein hilfsbereiter Mann auf der anderen Seite öffnet den Riegel von seiner Seite für mich. Sind hier verschiedene Klassen von einander abgesperrt? Scheint so. Naja, ein bisschen gehetzt genieße ich dann meinen Chai und das frittierte Zeug, bissel salzig, naja, was solls… Ein Abendteuer Snack halt!