Wir schreiben den 28. Dezember, ich habe original ordentlich geschlafen und bin wieder anwesend auf dieser Welt! Heute sind wir auf einer Hochzeit eingeladen! Wir machen uns alle fertig bzw. lassen uns fertig machen, da wir natürlich noch immer null Plan haben, wie man einen Sari richtig wickelt, bindet bzw. befestigt. Ich bin gespannt wie mein neuer Sari aussieht, wo ich ihn extra für solch Angelegenheiten gekauft habe – mit ordentlichen Bling Bling! Geschnigelt und ready geht es dann zur Kirche, ich kann so langsam ganz gut in dem Ding laufen, obwohl ich mir das herzlich schlecht als Alltags Gabderobe vorstellen kann.

Natürlich ist die Trauung erst um 13 Uhr, statt um 12 Uhr, richtig wundern tut mich das nicht mehr wirklich. Das Brautpaar sind zwei ehemalige weltwärts Freiwillige, jeweils ein Deutscher, der nach Indien gegangen ist und eine Inderin, die zwölf Monate in Deutschland verbracht hat! Die beiden machen ein echt tolles Paar! Die Trauung dauert circa 30 Minuten und dann geht der Fotomarathon los, der bis in die Abendstunden andauern soll… Die ganze Gesellschaft inklusive ungeladener Gäste kommt schließlich nach 45 Minuten „Tanz-Lauf“ an der eigentlich zehn Minuten entfernten Feierlokalität an, vom Brautpaar fehlt jede Spur. Es wird weiter getanzt, Leute kommen und gehen und es ist irgendwie ein wenig chaotisch. Ich sehe, wie ein paar Leute sich in Dosen vom Buffet Essen einpacken lassen und gehen (Gäste, die nicht lange bleiben können, jedoch ebenfalls nicht das Essen missen wollen?). Schließlich taucht das Paar auf, umgezogen und auf dem Weg in die Halle, wo alles in quitsch Pink aufgebaut ist, auf der Bühne setzten sie sich auf eine royale Couch und es werden vor der Bühne Reflektoren und Lightboxen aufgestellt, damit das Licht auch bei jedem Schnappschuss passt. Ich komme mir ein wenig wie bei einem Bollywood Fotoshooting vor, nicht wie bei einer Hochzeit. Kaum bemerkbar, da alle reden, wird die Hochzeitstorte angeschnitten, nur die deutsche Delegation klatscht, dann wird der Kuchen ganz schnell weggebracht und wir bekommen kurze Zeit später Stücke in die Hand gedrückt.
Schließlich gibt es noch eine deutsche Tradition, das Herz mit Nagelscheren durchschneiden, auch da nicht wirklich Aufmerksamkeit bzw. Ruhe. Mir ist das ganze recht unromantisch und unpersönlich, aber wahrscheinlich einfach nur ungewohnt. Schließlich laufen dann alle Gäste mit einem Umschlag nach vorne (kleiner Geldbetrag), schütteln die Hände und gehen danach zum Buffet… Bei 300 Gästen kann das dauern, wir verdünnisieren uns in Richtung Buffet. Eröffnet wird es nicht, es ist schon offen und wir bedienen uns auch. Reis, Naan, Daal, gegrilltes Gemüse, rohes Gemüse, frittiertes Gemüse, Chicken und Paneer gibt es. Typisches Hochzeitsessen höre ich. Alle essen im stehen, es gibt keine Reden, nix. Wir unterhalten uns mit Gästen, die aus Deutschland gekommen sind, schauen später den Tänzen zu und vertreiben uns so die Zeit. Gegen 17 Uhr, das Buffet ist jetzt schon ganz verlassen, kommt das Brautpaar, die beiden sehen recht müde aus und hungrig sind sie auch. Vom gegrillten Gemüse ist nur noch wenig da, aber ansonsten laden sie sich drei Teller voll und futtern erstmal ordentlich. Ich frage mich, wie man so eine Hochzeit genießen kann, wo man scheinbar nur angestrengt ist und das Ganze auch noch zahlen darf. Wir hören, dass es am morgen mit den Freunden gleich mal nach Goa geht, stressig, könnte man meinen, aber immerhin Strand. Gegen 17:30 Uhr verabschieden wir uns schließlich und wünschen noch einen schönen Abend. Es folgt schließlich noch das traditionelle Tschüss sagen, beziehungsweise, das offizielle Übergeben der Braut von ihrem Zuhause (Haus) zu ihrer neuen Familie (Bräutigam), wie ich höre und hörte wird immer sehr viel geweint und das Ganze ist sehrrrr emotional, vor allem da sie ja in diesem Fall mit ihm nach Deutschland zieht. Weiterhin folgt eine Feier/Party im Hotel mit enger Familie und Freunde (wahrscheinlich der schönste Teil des Tages).
Joa, was soll ich sagen, wieder eine ganz neue Erfahrung, die man da macht, aber ich muss sagen, dass ich da ganz froh bin, dass ich höchstwahrscheinlich westlich heiraten werde, wenn ich irgendwann mal heiraten werde, manche Dinge sind dann doch einfach recht kurios, wenn man nicht damit aufwächst….